Diese Festsetzungen sind geradezu das Eingeständnis, dass entlang der Saarstraße eben kein Wohnen geeignet und somit auch nicht möglich ist und zum Schutz des Wohnens an der Sinzheimer Straße (übrigens auch dort mit einer hohen Lärmbelastung) hier eine gewerbliche Mischfläche im Rahmen eines eingeschränkten Gewerbegebietes vorzusehen ist. Dies könnte dann tatsächlich als geeigneter Puffer dienen. Aber auch im Urbanen Gebiet sind Abgrenzungen der Nutzungen möglich, wie dies ja schon durch das Verbot von Wohnen im süd-westlichen Teil des Gebiets bereits vorgenommen worden ist. Weshalb wurde dann nicht konsequent diese Schutzzone bis zur Stolzenbergstraße durchgezogen? Und weshalb nimmt man somit die entstehende Gemengelage einseitig zu Lasten des angrenzenden Gewerbegebietes und somit auch eine Normenkontrollklage in Kauf?
Die Antwort dürfte einfach sein: je mehr Wohnfläche aus dem Areal herausgeholt werden kann, umso höher ist der Profit.
Die vorgesehene Planung wird in das gesamte Gebiet hineinstrahlen. Die jetzt vorgesehene Wohnungsnutzung unmittelbar an der Grenze des Gewerbegebietes würde das Gewerbe sukzessive zurückdrängen. Dies wird übrigens auch dadurch verstärkt, dass das Bebauungsplangebiet auf die Saarstraße in voller Breite erweitert wurde. Somit stehen nunmehr Urbanes Gebiet mit nicht störendem Gewerbe und Wohnen direkt Grenze an Grenze gegenüber. Dies ist ein klares Zeichen gegen Gewerbe und die treuen zuverlässigen lange dort ansässigen Gewerbebetriebe.
Außerdem wird bei der Planung völlig außer Acht gelassen, dass gerade in der Saarstraße mit seinem massiven Gewerbe- und Berufsverkehr starke Konflikte zum Privatverkehr entstehen werden. Der neue Privatverkehr mit sehr limitierten Parkmöglichkeiten würde auf den intensiven Berufsverkehr prallen. Mit den bekannten Konsequenzen inklusive Verkehrsunfälle, für die später niemand verantwortlich sein möchte.
Vertrauen der Wirtschaft und des Gewerbes:
Bereits im strategischen Entwicklungsplan 2020 (seinerzeit durch den damaligen Oberbürgermeister Gerstner initiiert) ist unter 3.1.5 die Wichtigkeit der Dienstleistung und des Gewerbes hervorgehoben. In der großen Übersicht dieses Entwicklungsplanes ist die Gesamtfläche westlich der Sinzheimer Straße als vorhandene Gewerbefläche gekennzeichnet. Von Wohnen ist dort nicht die Rede. Weshalb wird diese Linie verlassen?
Dann kommen wir zum vom Gemeinderat verabschiedeten Gewerbeflächenkonzept. Unter Ziffer 12 finden sich weitreichende Ausführungen zum vorhandenen Gewerbegebiet Saarstraße.
Unter der Überschrift Entwicklungsstrategie ist der Stadt eindeutig aufgezeigt, diese Gewerbeflächen im Bestand zu sichern. Außerdem wird explizit auf das heute zur Disposition gestellte Gebiet der ehemaligen Gärtnerei (heute Eberts Garten) eingegangen.
Auf Seite 103 oben liest man die eindeutige Empfehlung, im Rahmen einer baulichen Entwicklung dieses Gebiets zum Schutz des vorhandenen Gewerbegebietes entlang der Saarstraße gewerbliche Strukturen anzusiedeln, „um die Nutzungsmöglichkeiten der vorhandenen Gewerbebetriebe durch eine entstehende Gemengelage nicht einzuschränken.“
Unter „Geplante Maßnahmen“ haben wir uns, sozusagen selbst den Auftrag gegeben, die Weiterentwicklung der Gewerbebetriebe in diesem Bereich zu fördern.
Gerade das Gegenteil stellt die vorliegende Bebauungsplanung dar. Wir handeln einseitig zu Gunsten eines einzelnen Wohnungsunternehmens zu Lasten unserer heimischen Wirtschaft, an denen in dem Gebiet rund 2.000 Arbeitsplätze für unsere Bevölkerung hängen.
Wie es richtig geht, macht uns die Gemeinde Sinzheim vor. Dort wurde im Jahr 2017 ein Bebauungsplan explizit geändert, um das vorhandene Gewerbe vor unerwünschten Wohnnutzungen zu schützen und eben Konversionsflächen zu vermeiden. In Baden-Baden nimmt man dies offensichtlich in Kauf einschließlich der damit einhergehenden Konflikte.
Die Argumentation von Herrn Uhlig im Bau- und Umlegungsausschuss vom 09.12.2021, wonach sich erst im Laufe des Planungsprozesses ergeben habe, dass sich die Verhältnisse geändert haben und die Gewerbebetriebe durch sich entwickelten Wohnbebauung schon heute eingeschränkt wären, kann keinesfalls gefolgt werden. Im Bereich zwischen Sinzheimer Straße, Stolzenbergstraße und der Bahnlinie findet sich bisher allenfalls splitterhaft und vereinzelt Wohnnutzung. Klar vorherrschend ist in diesem Gebiet das Gewerbe mit industrieller Produktion. Herr Bürgermeister Uhlig lässt nämlich außer Betracht, dass gerade durch den vorgesehenen Bebauungsplan diese Gewerbestörungen unmittelbar bis an die Grundstücksgrenzen der Gewerbeflächen herangetragen und verstärkt werden.
Der Gewerbeflächenentwicklungsplan war in der Vergangenheit sowohl in Haueneberstein als insbesondere in Sandweier von großer Bedeutung, weshalb dort entsprechende Gewerbeflächen entstanden sind. In Oos Süd soll dieser Prozess geradezu umgekehrt und den seit Jahrzehnten vorhandenen Gewerbebetriebe den Boden unter den Füßen weggezogen werden.
Fazit:
Es gibt Flächen in Baden-Baden, die für eine gewerbliche Nutzung gut geeignet sind. Dies wäre Eberts Garten.
Und es gibt Flächen, die sich für eine wohnliche Entwicklung eignen. Eine solche ist Eberts Garten eben überhaupt nicht.
Ganz im Gegenteil!
Wir schaden den künftigen Bewohnern und insbesondere den künftigen Pflegebedürftigen, die sich nicht mehr wehren können und wir schaden noch mehr den vorhandenen Gewerbebetrieben, die durch umfangreiche Investitionen in den vergangenen Jahrzehnten uns, den Gemeinderätinnen und Gemeinderäten und der Stadt Baden-Baden ihr Vertrauen geschenkt haben. Von diesem Vertrauen konnten wir Schulen, Kindergärten und andere wichtige Infrastrukturmaßnahmen finanzieren.
Dieses Vertrauensverhältnis zerstören wir nachhaltig, falls der Gemeinderat der vorliegenden Bebauungsplanung zustimmen sollte.
Die CDU-Fraktion lehnt sowohl einen Vertrauensverlust der Gewerbebetriebe und somit den Bebauungsplan mehrheitlich ab.
Freundliche Grüße
Hansjürgen Schnurr