Stellungnahme zum Bebauungsplan Eberts Garten

Stellungnahme zum Bebauungsplan Eberts Garten

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Mergen,

auf diesem Wege übermittle ich die Stellungnahme der CDU-Fraktion zum Tagesordnungspunkt Die CDU-Fraktion stand dem Aufstellungsbeschluss des heute vorliegenden Bebauungsplanes von Anfang an überaus skeptisch gegenüber, weshalb wir seinerzeit dem Aufstellungsbeschluss unsere Zustimmung verweigert haben.

Wir sahen und sehen auch heute noch das erhebliche Konfliktpotential zwischen dem inzwischen vorgesehenen Urbanen Gebiet und dem seit Jahrzehnten vorhandenen und gewachsenen Gewerbegebiet in unmittelbarer Nachbarschaft. Doch der Reihe nach:

Eingangs ist zu erwähnen, dass das Konzept zur Realisierung von Wohnungen durch weitere Gebäudekörper erheblich erweitert wurde. Entgegen der bisherigen Planung wurde nun auch der Bereich unmittelbar an der Stolzenbergstraße hinzugenommen.

Das bedeutet, dass die Konflikte aus der Konkurrenz zwischen künftigem Wohnen und jahrzehntelangem Gewerbe noch vergrößert werden.

Bis zum Antrag der Treubau hat die Stadt Baden-Baden und insbesondere das Baudezernat die Trennung zwischen dem Gewerbe auf dem westlichen Teil der Saarstraße und einer Wohnbebauung entlang der Sinzheimer Straße immer für bedeutend gehalten. Mehrere Male wurde uns eine exakte Trennlinie präsentiert, die auch zu Anfang zum Konzept der Treubau und auch zuvor dem damaligen Anfragenden gegenüber so vertreten wurde.

Es wurde sogar ein Bekräftigungsbeschluss des Gemeinderats zum Schutz des vorhandenen Gewerbegebietes von Seiten des Baudezernats vorgeschlagen und dann auch vom Gemeinderat verabschiedet.

Plötzlich wurde im Rahmen einer Informationsveranstaltung des Baudezernats von dieser Grundlage abgewichen und eine völlig neue Konzeption mit Pflegeheim, Betreutem Wohnen, Tagespflege, einem Hotel und Wohngebäuden unmittelbar an der Saarstraße, also ohne weitere Schutzzone das Wort geredet.

Wie schon in mehreren Sitzungen des Bauausschusses und des Gemeinderats weise ich erneut darauf hin, dass eine Pflegeeinrichtung und Betreutes Wohnen Wohnen im klassischen Sinne darstellen. Für Pflegeeinrichtungen gilt übrigens das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, stellt also – wie es im Gesetz lautet – eine Regelung zur Überlassung von Wohnraum dar.

Hier ist also der erste begründete Konflikt zu sehen. Ob es tatsächlich möglich ist, an der Saarstraße durch nicht zu öffnende Fenster und ein Verzicht auf Aufenthaltsräume, den Konflikt aufzulösen, steht heute noch gar nicht fest, weil es noch keinen konkreten Betreiber gibt, der eine Aussage zur Umsetzbarkeit des heute vorliegenden Bebauungsplankonzeptes auf eine Pflegeeinrichtung zu treffen.

Als zweites sei als weiteres Indiz auf die zu erwartenden Konflikte die Aussage des Gestaltungsbeirates selbst zu nennen. Er spricht von einem lebendigen Gebiet und der Notwendigkeit, die Gestaltung der Gebäude entsprechend zu formulieren. Es wird also ein Wohngebiet unterstellt. Aber auch der Gestaltungsbeirat sieht eine nicht ausreichende Antwort zum Baukonzept für ein Pflegeheim. Deshalb empfiehlt er auch eine planerische Aufarbeitung sobald ein Betreiber vorhanden ist. Zum Gestaltungsbeirat ist zu sagen, dass sich dieser eben nur auf die Baugestaltung bezieht und nicht auf die baunutzungsrechtlichen Zusammenhänge. Im Bau- und Umlegungsausschuss wurde aber so berichtet, dass der Gestaltungsbeirat nunmehr zustimme und somit alles gut wäre. Dem ist nicht so!

Nach unseren Informationen hat sich übrigens das bisher als Betreiber vorgesehene Unternehmen aus der stationären Pflege zurückgezogen. Ein neuer Betreiber konnte uns bisher nicht präsentiert werden.

Zur Bebauungsplanung:

Aus der Bebauungsplanung ist zu entnehmen, dass zum Schutz von konkurrierenden Nutzungen diesseits und jenseits der Saarstraße Einschränkungen vorgenommen wurden:

  1. durch die Nutzungsuntersagung als Wohnnutzung auf den südwestlich gelegenen Grundstücksbereiche (mit Stern) gekennzeichnet. Aber bereits in Fortsetzung der Saarstraße gegenüber der Logistik des SWR mit Nachtbetrieb findet sich schon keine solche Einschränkung mehr, so dass dort im Rahmen der freien Festsetzung als Urbanes Gebiet schon Wohnnutzungen bis zur Stolzenbergstraße möglich wären. Dies schließt den Pflegeheimbaukörper mit ein. Was wäre, wenn sich kein Betreiber findet? Wird das Gebäude dann einfach zum normalen Wohnhaus umgewidmet? Welche Vorkehrungen enthält die Planung, damit dies nicht passiert und wie belastbar sind diese? Dies kann zum Schutz des in ca. 10 m entfernten durchgängigen Gewerbegebietes nicht sein.
  2. durch Flächen zur Nutzungseinschränkung oder für Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinflüsse im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes (durch Zackenlinie dargestellt). Die entsprechenden Festsetzungen finden sich in der Ziffer 8 des schriftlichen Teils. Daraus wird deutlich, dass keine Aufenthaltsräume möglich sein werden oder nur unter Einhaltung strenger Regeln (keine zu öffnenden Fenster, künstliche Belüftung usw.).
    Es fällt im außerdem auf, dass die als Zackenlinie gekennzeichneten Einschränkungen nur entlang der Saarstraße zu finden sind. Bereits der nächste Gebäudekörper nach dem Hotel in östlicher Richtung zur Sinzheimer Straße entlang der Grundstücksgrenze des unmittelbar angrenzenden Gewerbebetriebes der Firma Zink und Anthonj findet sich diese Einschränkung nicht mehr, obwohl die geplanten Bauflächen und somit die Gebäude bis Dicht an die Grenze des traditionellen Gewerbebetriebes mit seinen Werkstätten heranreichen. Dessen Schicksal wäre durch eine Wohnbebauung in unmittelbarer Nachbarschaft besiegelt.

Diese Festsetzungen sind geradezu das Eingeständnis, dass entlang der Saarstraße eben kein Wohnen geeignet und somit auch nicht möglich ist und zum Schutz des Wohnens an der Sinzheimer Straße (übrigens auch dort mit einer hohen Lärmbelastung) hier eine gewerbliche Mischfläche im Rahmen eines eingeschränkten Gewerbegebietes vorzusehen ist. Dies könnte dann tatsächlich als geeigneter Puffer dienen. Aber auch im Urbanen Gebiet sind Abgrenzungen der Nutzungen möglich, wie dies ja schon durch das Verbot von Wohnen im süd-westlichen Teil des Gebiets bereits vorgenommen worden ist. Weshalb wurde dann nicht konsequent diese Schutzzone bis zur Stolzenbergstraße durchgezogen? Und weshalb nimmt man somit die entstehende Gemengelage einseitig zu Lasten des angrenzenden Gewerbegebietes und somit auch eine Normenkontrollklage in Kauf?
Die Antwort dürfte einfach sein: je mehr Wohnfläche aus dem Areal herausgeholt werden kann, umso höher ist der Profit.

Die vorgesehene Planung wird in das gesamte Gebiet hineinstrahlen. Die jetzt vorgesehene Wohnungsnutzung unmittelbar an der Grenze des Gewerbegebietes würde das Gewerbe sukzessive zurückdrängen. Dies wird übrigens auch dadurch verstärkt, dass das Bebauungsplangebiet auf die Saarstraße in voller Breite erweitert wurde. Somit stehen nunmehr Urbanes Gebiet mit nicht störendem Gewerbe und Wohnen direkt Grenze an Grenze gegenüber. Dies ist ein klares Zeichen gegen Gewerbe und die treuen zuverlässigen lange dort ansässigen Gewerbebetriebe.

Außerdem wird bei der Planung völlig außer Acht gelassen, dass gerade in der Saarstraße mit seinem massiven Gewerbe- und Berufsverkehr starke Konflikte zum Privatverkehr entstehen werden. Der neue Privatverkehr mit sehr limitierten Parkmöglichkeiten würde auf den intensiven Berufsverkehr prallen. Mit den bekannten Konsequenzen inklusive Verkehrsunfälle, für die später niemand verantwortlich sein möchte.
Vertrauen der Wirtschaft und des Gewerbes:

Bereits im strategischen Entwicklungsplan 2020 (seinerzeit durch den damaligen Oberbürgermeister Gerstner initiiert) ist unter 3.1.5 die Wichtigkeit der Dienstleistung und des Gewerbes hervorgehoben. In der großen Übersicht dieses Entwicklungsplanes ist die Gesamtfläche westlich der Sinzheimer Straße als vorhandene Gewerbefläche gekennzeichnet. Von Wohnen ist dort nicht die Rede. Weshalb wird diese Linie verlassen?
Dann kommen wir zum vom Gemeinderat verabschiedeten Gewerbeflächenkonzept. Unter Ziffer 12 finden sich weitreichende Ausführungen zum vorhandenen Gewerbegebiet Saarstraße.

Unter der Überschrift Entwicklungsstrategie ist der Stadt eindeutig aufgezeigt, diese Gewerbeflächen im Bestand zu sichern. Außerdem wird explizit auf das heute zur Disposition gestellte Gebiet der ehemaligen Gärtnerei (heute Eberts Garten) eingegangen.
Auf Seite 103 oben liest man die eindeutige Empfehlung, im Rahmen einer baulichen Entwicklung dieses Gebiets zum Schutz des vorhandenen Gewerbegebietes entlang der Saarstraße gewerbliche Strukturen anzusiedeln, „um die Nutzungsmöglichkeiten der vorhandenen Gewerbebetriebe durch eine entstehende Gemengelage nicht einzuschränken.“
Unter „Geplante Maßnahmen“ haben wir uns, sozusagen selbst den Auftrag gegeben, die Weiterentwicklung der Gewerbebetriebe in diesem Bereich zu fördern.

Gerade das Gegenteil stellt die vorliegende Bebauungsplanung dar. Wir handeln einseitig zu Gunsten eines einzelnen Wohnungsunternehmens zu Lasten unserer heimischen Wirtschaft, an denen in dem Gebiet rund 2.000 Arbeitsplätze für unsere Bevölkerung hängen.
Wie es richtig geht, macht uns die Gemeinde Sinzheim vor. Dort wurde im Jahr 2017 ein Bebauungsplan explizit geändert, um das vorhandene Gewerbe vor unerwünschten Wohnnutzungen zu schützen und eben Konversionsflächen zu vermeiden. In Baden-Baden nimmt man dies offensichtlich in Kauf einschließlich der damit einhergehenden Konflikte.

Die Argumentation von Herrn Uhlig im Bau- und Umlegungsausschuss vom 09.12.2021, wonach sich erst im Laufe des Planungsprozesses ergeben habe, dass sich die Verhältnisse geändert haben und die Gewerbebetriebe durch sich entwickelten Wohnbebauung schon heute eingeschränkt wären, kann keinesfalls gefolgt werden. Im Bereich zwischen Sinzheimer Straße, Stolzenbergstraße und der Bahnlinie findet sich bisher allenfalls splitterhaft und vereinzelt Wohnnutzung. Klar vorherrschend ist in diesem Gebiet das Gewerbe mit industrieller Produktion. Herr Bürgermeister Uhlig lässt nämlich außer Betracht, dass gerade durch den vorgesehenen Bebauungsplan diese Gewerbestörungen unmittelbar bis an die Grundstücksgrenzen der Gewerbeflächen herangetragen und verstärkt werden.

Der Gewerbeflächenentwicklungsplan war in der Vergangenheit sowohl in Haueneberstein als insbesondere in Sandweier von großer Bedeutung, weshalb dort entsprechende Gewerbeflächen entstanden sind. In Oos Süd soll dieser Prozess geradezu umgekehrt und den seit Jahrzehnten vorhandenen Gewerbebetriebe den Boden unter den Füßen weggezogen werden.

Fazit:
Es gibt Flächen in Baden-Baden, die für eine gewerbliche Nutzung gut geeignet sind. Dies wäre Eberts Garten.
Und es gibt Flächen, die sich für eine wohnliche Entwicklung eignen. Eine solche ist Eberts Garten eben überhaupt nicht.
Ganz im Gegenteil!

Wir schaden den künftigen Bewohnern und insbesondere den künftigen Pflegebedürftigen, die sich nicht mehr wehren können und wir schaden noch mehr den vorhandenen Gewerbebetrieben, die durch umfangreiche Investitionen in den vergangenen Jahrzehnten uns, den Gemeinderätinnen und Gemeinderäten und der Stadt Baden-Baden ihr Vertrauen geschenkt haben. Von diesem Vertrauen konnten wir Schulen, Kindergärten und andere wichtige Infrastrukturmaßnahmen finanzieren.

Dieses Vertrauensverhältnis zerstören wir nachhaltig, falls der Gemeinderat der vorliegenden Bebauungsplanung zustimmen sollte.
Die CDU-Fraktion lehnt sowohl einen Vertrauensverlust der Gewerbebetriebe und somit den Bebauungsplan mehrheitlich ab.

Freundliche Grüße
Hansjürgen Schnurr