Der Gemeinderat von Baden-Baden hat am 19.12.2022, dem Tag der Verkündung der Abschlusserklärung auf der UN-Weltnaturkonferenz, die „Kommunale Klimaschutz- und Biodiversitätsstrategie für Baden-Baden“ auf den Weg gebracht. Diese basiert auf der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030, Herzstück des European Green Deals, sowie auf den Vereinbarungen der von den Vereinten Nationen im Dezember 2022 im kanadischen Montreal durchgeführten Weltnaturkonferenz. Baden-Baden ist dadurch Vorreiter und Wegweiser im Natur-, Arten- und Biodiversitätsschutz.
Warum ist insbesondere Baden-Baden prädestiniert für diesen Weg? Ganz einfach: Wir sind umgeben von der höchsten Dichte an Schutzgebieten in ganz Baden-Württemberg. Diesen Schatz der Natur gilt es zu schützen und die Biodiversität mit naturbasierten Maßnahmen zu intensivieren, ganz im Sinne der aktuellen UN- und EU-Beschlüsse.
In der letzten Sitzung des Forst- und Umweltausschusses vom 29.06.2023 wurde das Bundesförderprogramm Klimaangepasstes Waldmanagement vorgestellt, für welches sich die Stadt Baden-Baden beworben hat. Zweck des Programms ist eine an den Klimawandel angepasste Waldbewirtschaftung zum Erhalt und zur Entwicklung resistenter, anpassungsfähiger und produktiver Wälder, wodurch die biologische Vielfalt verbessert und ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet wird. Der Waldnaturschutz soll verstärkt und die Biodiversität erhöht werden. Diesen Schritt begrüßen und unterstützen wir ausdrücklich.
Darauf aufbauend haben wir die folgenden Fragen an die Stadtverwaltung:
1) Am 19.12.2022 wurde die Stadtverwaltung Baden-Baden damit beauftragt, bis Ende 2023 eine kommunale Klimaschutz- und Biodiversitätsstrategie für Baden-Baden auf Basis der im entsprechenden Antrag skizzierten Erläuterungen zu erstellen und dem Gemeinderat zum Beschluss vorzulegen. Wie ist hier der aktuelle Stand?
2) Ebenfalls beschlossen wurde, dass die Stadt Baden-Baden die kommunale Landschaftsplanung fortschreibt sowie kommunale Maßnahmen im Bereich des Planungs- und Naturschutzrechts prüft und konzipiert. Die angestrebten Entwicklungsziele sollen naturschutzfachlich (Landschaftsplanung) sowie naturschutzrechtlich und planungsrechtlich verankert werden. Wie ist hier der aktuelle Stand?
Hintergrund:
Deutschland ist auf EU-weit auf dem drittletzten Platz beim Schutz der Biodiversität, so das Ergebnis einer aktuellen Studie der Universität Bologna vom Juli 2023. Lediglich 0,6 Prozent ausgewiesene Schutzflächen kann die Bundesrepublik vorweisen, schlechter schneiden nur Belgien und Dänemark ab. Spitzenreiter ist Luxemburg, dort sind 36,6 Prozent der Flächen als strenge Schutzgebiete ausgewiesen. Es folgen die Länder Schweden, Finnland, Lettland und Italien.
Mit der EU-Biodiversitätsstrategie haben sich die europäischen Staaten verpflichtet, 30 Prozent der Landes- und Meeresfläche unter verbindlichen Schutz zu stellen, einschließlich eines „Verschlechterungsverbots“. Ein Drittel davon, 10 Prozent, sollen streng geschützt werden. Die Umsetzung soll bis zum Jahr 2030 erfolgt sein.
Die Abschlusserklärung der Weltnaturkonferenz 2022 von Montreal besteht nicht nur aus diesem einen 30-Prozent-Ziel, sondern aus insgesamt 23 Zielen. Dazu gehört, dass weitere 30 Prozent der Flächen in eine intakte Natur zurückverwandelt werden sollen. Die Stuttgarter Zeitung schrieb Anfang Januar 2023, dass es im Südwesten für diese geforderte Renaturierung noch nicht einmal Pläne gebe. Es bestehe Nachholbedarf in Baden-Württemberg.
Die Vorgaben der EU und der UN sind nur zu schaffen, wenn alle vorhandenen Schutzgebiete erhalten und ausgebaut werden, inklusive der Landschaftsschutzgebiete. Als strenge Naturschutzgebiete gelten die Regionen, die die Weltnaturschutzunion in ihrer Skala als I oder II einstuft. Dies trifft auf den Nationalpark zu. Zu Kategorie IV zählen die FFH- und Vogelschutzgebiete, zu Kategorie V die Landschaftsschutzgebiete, also ein Großteil des Schwarzwalds.
Gesetzlich untermauert wird diese Verpflichtung zur Wiederherstellung der Natur durch das Renaturierungsgesetz, das am 12. Juli 2023 im EU-Parlament beschlossen wurde. Demnach sollen mindestens 20 Prozent der Ökosysteme in einen möglichst natürlichen Zustand zurückversetzt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Cornelia von Loga
Stadträtin