Stellungnahme zu TOP 4 der letzten Gemeinderatssitzung: Klinikum

Stellungnahme zu TOP 4 der letzten Gemeinderatssitzung: Klinikum

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Späth,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats,
sehr geehrte Damen und Herren,

die heutigen Entscheidungen zur Neuausrichtung des Klinikums Mittelbaden gGmbH sind die Fortführung eines seit Jahren andauernden politischen Entscheidungsprozesses. Ich mache keinen Hehl daraus, dass die CDU-Fraktion sich ein völlig anderes Vorgehen und Ergebnis gewünscht hätte. Den Grünen wie auch der SPD fehlte es aus unserer Sicht von Beginn an an Patriotismus für Baden-Baden und an ausreichend Offenheit bei der Prüfung aller in Frage kommenden möglichen Standorte. Mitglieder anderer Fraktionen, die sich vermutlich heute als Bewahrer und Retter darstellen werden, haben sich in der Sitzung am 28.06.2021 ohne Not von zuvor guten Entscheidungen des zuständigen Fachausschusses distanziert und durch ihr damaliges Abstimmungsverhalten den über Baden-Baden hinaus favorisierten möglichen Standort, einem neuen gemeinsamen Klinikum am derzeitigen Segelflugplatz, aus den Baden-Badener Standortvorschlägen herausgenommen.

Die Bürger dieser Stadt hätten es verdient, dass wir diesen Standort einer fundierten gutachterlichen Prüfung zugeführt hätten.

Die CDU-Fraktion akzeptiert jedoch mehrheitlich die demokratisch getroffene Entscheidung und   ist daran interessiert, im Interesse der Menschen unserer Region, die Idee eines Zentralklinikums fortzuschreiben. Wir werden heute mutmaßlich viele Argumente zu Finanzierung, Vertragsgestaltungen, Anteilen, Umweltbelangen, Steuereinnahmen, Bedeutungsverlust und vieles mehr hören.  Mit all diesen Themen hat sich die CDU-Fraktion in den letzten Jahren und Monaten intensiv auseinandergesetzt. Wir haben viele Gespräche mit Fachleuten und auch der Bürgerschaft geführt. Zu der Bürgerschaft möchte ich Folgendes anmerken: Nicht immer stellen diejenigen, die am lautesten, aggressivsten und öffentlichkeitswirksamsten auftreten, auch die tatsächliche Mehrheitsmeinung dar.

Den Mehrheitswillen als politisch Gewählte herauszufinden, ist unglaublich schwer und stellt jede einzelne Stadträtin und jeden einzelnen Stadtrat aller Fraktionen vor eine große Herausforderung. Dies alles unter der Berücksichtigung der oben genannten Fachargumente und dem Willen aller Vertreter hier im Gemeinderat, das Richtige zu tun.

Die bestmögliche Gesundheitsversorgung unserer Bürgerinnen und Bürger kann man aus unserer Sicht nicht an einzelnen Fachargumenten festmachen. Man muss eine Gesamtabwägung, auch gesellschaftspolitisch, treffen. Und diese fällt bei jedem Einzelnen unterschiedlich aus, da er Gewichtungen dieser Argumente unterschiedlich bewertet. Letztendlich geht es aber dann darum, Mehrheitsentscheidungen zu treffen. Hier müssen in einer Demokratie von allen Beteiligten Kompromisse eingegangen werden, sonst werden wir nie zu Entscheidungen gelangen und uns als Gesellschaft nicht mehr weiterentwickeln können. In einer politischen Welt, in welcher wir uns heute befinden, in der viele Gruppierungen und Parteien in Parlamenten sich befinden, ist dies viel schwieriger und komplexer. Es erfordert mehr Zuhören, mehr Toleranz und ein mehr an Zurücknehmen eigener Egoismen. Geschieht dies nicht, enden wir in zunehmenden Extremen.

Ich möchte konkret an ein paar Einzelbeispielen die politischen Zielkonflikte und fraktionsinternen Diskussionen erläutern:

Bei der Finanzierung und Vertragsgestaltung gibt es endlos viele Möglichkeiten. Fakt ist: Baden-Baden konnte sich vor vielen Jahren in einer Zeit starker CDU-Mehrheiten die Stadtklinik nur aufgrund hoher Geldzuwendungen aus Stuttgart leisten. Die Stadt war weder damals noch heute in der Lage, aus eigener Kraft eine solche Klinik finanziell zu tragen. Die medizinische Entwicklung fordert, auch aufgrund der hohen Kosten der Apparatemedizin, eine Zusammenlegung von Standorten. Eine politische Mehrheit einer Privatisierung ist derzeit nicht erkennbar. Am Ende des gesamten Prozesses wird sich dann, wenn die Zahlen auf dem Tisch liegen, die Frage stellen, können wir uns das leisten und was ist uns allen eine gute Gesundheitsversorgung vor Ort für die Menschen wert.

In der Politik sind nämlich oftmals Entscheidungen nicht geprägt von wirtschaftlichen Überlegungen. Wir finanzieren jede einzelne Eintrittskarte ins Theater oder der Philharmonie aus Steuergeldern. Da zahlt jede und jeder mit, ob er die Kulturangebote nutzt oder nicht. Wir leisten uns aus Steuergeldern Sportanlagen, Schwimmbäder und Parkanlagen. Das zahlen auch die Menschen, die beispielsweise in Hundsbach wohnen und wenig bis nichts davon haben. Eine gute wohnortnahe Gesundheitsversorgung ist tatsächlich für alle Menschen da, und es ist eine politische Entscheidung, was wir uns das kosten lassen wollen.

Im Zuge der Klimaveränderungen erkennen wir, wie wichtig die Umwelt für alle Lebewesen dieser Erde ist. Daher haben wir uns ja mehrheitlich im letzten Jahr in diesem Gremium für eine kommunale Klimaschutz- und Biodiversitätsstrategie für Baden-Baden ausgesprochen. Am Ende der nun anstehenden Prüfungen für ein mögliches Klinikum im Münchfeld wird hier natürlich genau zu schauen sein, wie die Querspange gebaut wird. Nicht auszuschließen, dass man diese, trotz hoher Kosten, unterirdisch bauen muss, um den Artenschutz zu gewährleisten. Auch nicht auszuschließen, dass dann, aufgrund viel zu hoher Kosten wieder über andere Standorte nachgedacht werden muss.

Die politisch Verantwortlichen waren sich von Anfang an in der Frage einig, dass wir ein bestmögliches Klinikum am Markt platzieren wollen. Dies auch unter dem Aspekt der Gewinnung von top Ärzten und Fachkräften des Gesundheitswesens. Die Gespräche der vergangenen Monate und Jahre haben uns gezeigt, dass gerade unter diesem Aspekt ein Zentralklinikum unabdingbar ist. Gute Fachärzte wollen nicht von Klinik zu Klinik in einem Verbund wie wir ihn derzeit haben, hin und her fahren. Auch ist ein Umbau oder eine Ertüchtigung einer Klinik im Bestand sehr teuer und Mitarbeitern in einer Zeit zunehmendem Fachkräftemangels schwer vermittelbar.

Der Name Klinikum Mittelbaden kam nie bei der Bevölkerung an. Auch nutzten wir hier ohne Not die Marke Baden-Baden nicht, die unbestritten eine hohe Zugkraft auch unter der Ärzteschaft hat. Wir haben uns daher sehr darüber gefreut, dass unsere wiederholt vorgetragenen Sachargumente sowohl mehrheitlich im Gemeinderat der Stadt Baden-Baden als auch bei unseren Partnern in Rastatt auf offene Ohren gestoßen sind.

Wir als CDU-Fraktion haben immer wieder betont, dass wir an dem mit dem Kreistag Rastatt vereinbarten gemeinsamen partnerschaftlichen Vorgehen beim Thema Zentralklinikum festhalten wollen. Zur Erinnerung: Die Verfahrensweise und das gemeinsame Vorgehen waren von einer großen Mehrheit hier im gesamten Gemeinderat der Stadt Baden-Baden getragen.

Wir als CDU-Fraktion haben jedoch aus den Erfahrungen des Bürgerbegehrens zum Thema Verkehrsregelung im Bereich der Fieser Brücke gelernt. Es nützt nichts, gute politische Entscheidungen zu treffen, wenn die Bürger sich nicht mitgenommen fühlen oder falsch informiert sind.  Daher sei an dieser Stelle diese Möglichkeit wie auch die Möglichkeit eines Ratsbegehrens erwähnt.

In der heutigen politischen Gesellschaft ist es oftmals so, dass Argumente, die den eigenen Vorstellungen nicht entsprechen, als unwichtig, lächerlich oder im Fall des Grundstückstauschs zur Geburtsortthematik als arrogant dargestellt werden. Wir sollten aber als politisch Verantwortliche den Menschen gut zuhören und deren Wünsche und Anregungen eben nicht als lästig abtun. Jedes Argument hat seine Berechtigung und muss von uns angehört und gewertet werden. Sonst verlieren die Menschen den Glauben an und in die parlamentarische Demokratie.

Aus diesem Grund stellten wir im letzten Jahr die Forderungen zur Namensgebung, Änderung der Gesellschafteranteile und Grundstückstausch. Uns war wichtig, gerade weil wir für den, aus unserer Sicht, besten möglichen Klinikstandort im Gemeinderat keine Mehrheiten bekamen, möglichst viele Menschen in unserer geliebten Stadt mitzunehmen. Uns ist aber klar, dass wir auch Menschen enttäuschen. Dies ist aber das Wesen einer Demokratie. Es sind Kompromisse – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Die CDU-Fraktion hat in den letzten Jahren und Monaten sehr gerungen. Wir setzen aber auf Fortentwicklung und nicht auf Stillstand. Wir stehen für eine gute bestmögliche Gesundheitsversorgung der Menschen hier in Baden-Baden und in der Region. Es ist nicht entscheidend, ob eine Klinik ein paar hundert Meter auf einer anderen Gemarkung steht.

Es ist entscheidend, was nachher auf der Verpackung draufsteht und viel wichtiger, was in der Klinik an Qualität für die Menschen geboten wird. Dass das Geld kostet, steht außer Frage, und wir werden sehr genau darauf achten, dass die Balance gewahrt bleibt und wir die Leistungsfähigkeit unserer Stadt mit einem solchen Neubau finanziell nicht überfordern.

Durch die Senkung der Gesellschafteranteile sind uns die finanziellen Möglichkeiten geschaffen, eine Top-Anbindung an die Klinik vom ICE-Halt in Baden-Baden zu realisieren. Den Verantwortlichen bei Regierungspräsidium und in Stuttgart sei gesagt, dass uns das Thema des Geländetausches für die Geburtsortthematik im Sinne vieler Bürger wichtig ist. Auch hier gilt, wir sollten das nicht ins Lächerliche ziehen. Ich erwähne hier immer gerne das Beispiel Köln und Düsseldorf.

So wie bei den Kfz-Kennzeichen muss es hier Lösungen geben. Dies insbesondere auch unter dem Aspekt, dass uns in Deutschland im Sinne einer zukunftsorientierten Klinikversorgung viele weitere Klinikzusammenlegungs-Diskussionen bevorstehen. Wir als CDU-Fraktion würden eine lediglich monatelang zum mutmaßlich zum Schein vorgetragenen Prüfung mit einer nachfolgenden Absage wohl mehrheitlich nicht akzeptieren.

Auch wird in der Diskussion oft vergessen, dass es von vielen Beteiligten als selbstverständlich angesehen wird, dass wir aus Baden-Baden wie selbstverständlich große und aus Umweltgesichtspunkten wichtige Flächen für die Zuwegung bereitstellen sollen. Daher ist ein solcher Geländetausch nur mehr als recht und dient der Mehrung der Zustimmung in der Bevölkerung unserer Stadtgesellschaft.

Ich könnte an dieser Stelle viel für ein weiteres Für und Wider ansprechen. Dies haben wir innerhalb der CDU-Fraktion und auch der CDU-Verbände in der Stadt, auch öffentlich, getan. Die CDU-Fraktion wird sich heute nicht einheitlich für die Sitzungsvorlage aussprechen. Die Schuld daran tragen vor allem diejenigen aus der Verwaltung und dem Gemeinderat, die ohne ein Gutachten den vermutlich besten Standort für eine Zentralklinik, den Segelflugplatz, aus dem Verfahren genommen haben.

Ich wiederhole mich gerne nochmal:

Die gutachterliche Prüfung dieses Standortes hätten die Menschen dieser Stadt verdient gehabt. Dann hätten wir mutmaßlich nicht diesen Streit und Zwist in der Bürgerschaft und im Gemeinderat.

Ansgar Gernsbeck
Stadtrat
Fraktionsvorsitzender CDU