
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Späth,
sehr geehrte Dezernenten und Mitarbeiter der Stadt,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
es wird ein Marathon und kein Sprint. So kann man ganz gut den Weg beschreiben den wir bei der Haushaltssanierung gehen müssen.
Die Reaktionen aus dem Gemeinderat und aus der Stadtgesellschaft der vergangenen Tage zeigen, dass wir mit unserer Mahnung richtig lagen, dass eine Sitzung mit solch wichtigen grundsätzlichen Entscheidungen nicht direkt nach Ferien, die von vielen Familien für den dringend notwendigen Jahreserholungsurlaub genutzt werden, durchgeführt werden sollte. Auch sollten wir Entscheidungen, wie beispielweise zum Stadtmuseum, Volkshochschule oder zum Theater, die die strategische Ausrichtung unserer Stadt betreffen, nicht in einer zweistündigen Sitzung auf den Weg bringen.
Insofern haben wir den gemeinsamen Antrag zum Beschlussvorschlag 25.228 gestellt und hoffen, dass sich Vertreter anderer Fraktionen diesem anschließen können.
Die Gespräche und Diskussionen der vergangenen Tage und Wochen haben gezeigt, dass eine pauschale Abstimmung beziehungsweise endgültige Beschlussfassung der Maßnahmenliste der Haushaltskommission, im Anbetracht der Auswirkungen auf die Stadtgesellschaft und dem berechtigterweise vorhandenen Diskussionsbedarf, nicht gerecht würde. Viele auf der Haushaltskonsolidierungsliste aufgeführten Maßnahmen und Projekte werden schon heute mit privaten Geldern unterstützt oder durch großes ehrenamtliches Engagement getragen. Auch sind vielfach vertragliche Vereinbarungen hinterlegt die im Einzelfall näher betrachtet werden müssen. Es kann nicht sein, dass wir hier ohne hinreichenden Austausch und direkten Gesprächen Entscheidungen treffen oder Strukturen unwiederbringlich zerschlagen. Die Verwaltung muss unter Ihrer Führung sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Späth, die nächsten Monate und Wochen nutzen um hier in einen Austausch mit den Betroffenen zu treten und dann dem Gemeinderat konkrete Einzelbeschlussvorlagen vorzulegen. Wir sind uns sicher, dass wir nur so den Frieden in unserer Stadtgesellschaft bewahren können und größtmögliche Zustimmung erfahren.
Das heute vorgelegte Strategiepapier sehen wir als CDU-Fraktion als einen ersten Entwurf, der so aus unserer Sicht auch dem Regierungspräsidium als erster Aufschlag vorgelegt werden sollte. Wir sind angehalten und in der Pflicht dem Regierungspräsidium aufzuzeigen, dass wir an Lösungen arbeiten. Vielen Dank an die Mitarbeitenden der Verwaltung die dieses Papier im besten Handeln erstellt haben.
Das Strategiepapier zeigt ein grundsätzliches Problembewusstsein angesichts der dramatischen Haushaltslage unserer Stadt. Es benennt relevante Felder – von freiwilligen Leistungen über Sozialkosten bis hin zu Digitalisierung und Personalstruktur. Formell ist es klar gegliedert, inhaltlich allerdings wie noch nicht vollumfänglich.
Ich möchte dies an ein paar Beispielen fest machen:
Zentrale Grundlagen für eine politische Bewertung – etwa konkrete Einsparvolumina, Zuständigkeiten, Umsetzungspfade oder auch eine Einnahmewirkungsanalyse – fehlen bislang. So bleibt das Papier ein erster Impuls, aber kein tragfähiges Steuerungsinstrument.
Nach wie vor fehlen konkrete Aussagen dazu wie sich der Umfang der freiwilligen und gesetzlichen Leistungen auf der Aufgabenseite darstellt. Das erschwert unsere politische Arbeit. Ohne diese Unterlagen ist keine seriöse inhaltliche oder finanzielle Bewertung möglich.
Es fehlen bei den Erhöhungen der Einnahmeseite Aussagen zu den möglichen Wirkungen. Am Beispiel der Gewerbesteuer fehlen beispielsweise Vergleichszahlen zu den möglichen Auswirkungen auf der Wirtschaftsstandort.
Es bedarf flankierende Berechnungen und Rückwirkungen. Hier fehlt ein elementarer Teil jeder fiskalischen Steuerung.
„Eine Erhöhung trifft Einzelunternehmer und Personengesellschaften besonders hart, da die Anrechnung gemäß § 35 EStG begrenzt ist. Kapitalgesellschaften wiederum verlagern gewinnträchtige Einheiten oder nutzen Holdingstrukturen.“
Diese struktur- und standortpolitischen Risiken werden im Strategiepapier nicht betrachtet. Daher haben wir als CDU-Fraktion von Anfang an, auch wenn nur zeitlich befristet, einer angedachten Erhöhung der Gewerbesteuer auf einen Hebesatz von 500 massiv widersprochen. Insofern danken wir der Verwaltung, dass hier unsere Anregungen auf eine weitaus geringere Erhöhung aufgenommen wurden.
Zu guter Letzt braucht es in dieser schwierigen Haushaltslage ein Kommunikations- und Beteiligungskonzept. Denn die vielen Reaktionen der vergangenen Tage und Wochen haben gezeigt. Die Bürger und Institutionen dieser Stadt sind bereit uns zu unterstützen und in unterschiedlichsten Formen zu helfen. Das Strategiepapier sieht bislang keine Kommunikation, kein Beteiligungsformat, keine Plattform vor. Gerade jetzt wäre das wichtig, um:
· Verständnis für Maßnahmen zu schaffen
· Beteiligung zu ermöglichen
· und Vertrauen in Politik und Verwaltung zu erhalten
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Späth, es bedarf hier von ihrer Seite weitaus mehr Einbindung und Information sowohl an die Stadtgesellschaft wie auch den Vertretern im Gemeinderat. In diesem Zusammenhang möchte ich an die Einrichtung des sogenannten Expertenrates erinnern. Hierzu gab es ja bereits vielfache Anregungen in unterschiedlichsten Fraktionen. Hier sei an das Beispiel der Stadt Aulendorf erinnert. Wir brauchen ein Gremium das sowohl Ideen der freien Wirtschaft einbringt und diese mit den rechtlichen Vorgaben kommunaler Verwaltung abstimmt. Eine Einbindung von GPA und Regierungspräsidium, welches die Schnittstelle zum Land darstellt, ist hierbei unerlässlich. Die endgültige Besetzung, Aufgabenbeschreibung, finanzielle Ausstattung und zeitliche Zielsetzungen, müssen Gegenstand des fortzuschreibenden Strategiepapiers sein.
Ein völliges Aufschieben jedweder Entscheidungen am heutigen Tag wäre im Anbetracht der dramatischen Haushaltssituation allerdings fatal.
Egal wie man es dreht und wendet. Gute strukturelle Veränderungen jedweder Art brauchen Zeit. Bis diese auf den Weg gebracht sind müssen wir die Liquidität sichern und dies nicht nur über Kassenkredite. Daher stimmen wir mehrheitlich der geänderten Beschlussvorlage 25.228 zu.
Ansgar Gernsbeck
Stadtrat
Fraktionsvorsitzender CDU